Ug99

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Ug99

In den Frühling fielen eine Reihe dem Chthonischen gewidmete römische Feste und Kulte. Innerhalb weniger Apriltage folgten die der Getreidegöttin Ceres gewidmeten Cerialia (19. April), die Vinalia Urbana (23. April), bei dem der Wein des letzten Jahres gesegnet und für gutes Wetter für den kommenden gebetet wurde, sowie die Rubigalia (25. April) aufeinander. Letztere galten Robigus bzw. Robigo, einem mal als Gott, mal als Göttin des Getreiderosts adressierten bösartigen Wesen, das mittels Opfern – unter anderem eines rostfarbenes Hundes – von den Pflanzen abgehalten werden sollte. Mit Einführung des Christentums ging der göttliche Status verloren.

Robustere Abwehrmethoden sind erst für das Frankreich des 18. Jahrhunderts belegt, nachdem ein Zusammenhang des Getreiderostes mit Berberitzen, die in der Nähe von Getreidefeldern wuchsen, vermutet wurde. Doch erst im 19. Jahrhundert klärten sich die Lebenszyklen des jetzt als Pilz verstandenen Getreiderostes, inklusive der Rolle der Berberitzengewächse als Zwischenwirt, langsam auf. Verstanden wurden sie letztlich erst Ende der Zwanzigerjahre des 20. Jahrhunderts. In den Vereinigten Staaten, deren Landwirtschaft von mehreren Getreiderost-Epidemien heimgesucht wurde, wurde über zwei Jahrzehnte ein »War against Barberries«, ein Ausrottungsfeldzug gegen die Berberitze, geführt.

Seit den 1960er-Jahren schließlich waren in den 1950er-Jahren gezüchtete Weizensorten auf dem Markt verfügbar, die durch das Gen Sr31 (Stem rust 31) gegen den Pilz resistent waren. Diese Resistenz konnte sich lange unangefochten behaupten und wurde erst in den 1990er-Jahren überwunden. Durch die Schwarzrostrasse Ug99, benannt nach seiner Entdeckung und Identifizierung in Uganda 1999, von wo sich der Pflanzenrost in neu entwickelten Varianten im östlichen Afrika ausgebreitet hat. Von Ägypten bis nach Südafrika, aber auch in den Yemen und den Iran, und damit Afghanistan, Pakistan und Indien bedroht.

Das Auftreten von Getreiderost bei Hartweizen 2016 in Sizilien beruhte nicht auf einem Übergriff von Ug99, sondern auf einer anderen neuen Rasse. Vermutlich durch wärmere Winter breiten sich die Krankheiten nun auch im Mittelmeerraum und Europa weiter aus.
In den Bereich des Glaubens fallen heute nur noch verschiedene Haltungen gegenüber den Getreiderosten. Einerseits die Angst vor einer unbeherrschbaren Epidemie mit dramatischen Folgen für die Ernährungssicherheit. Weizen ist, nach Reis und vor Mais, hier das wichtigste Getreide. Andererseits die Zuversicht, die Gefährdung durch neue Pilzrassen mit rechtzeitigen Neuzüchtungen und Resistenzen parieren zu können.

Abbildung: Modell von Puccinia graminis (Schwarzrost), Botanisches Museum Greifswald
Foto: David Ludwig (Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland)