Just What Is It That Makes Today’s Lifes So Different, So Appealing? – über die Hartnäckigkeit petromoderner Ansprüche und Gewohnheiten
Wir leben in der Plastik-Welt
Leben in der Plastik-Welt
Plastik, Plastik überall
Wo ich geh und steh
PVC, PVC überall
Leben in der Plastik-Welt
Plastik, Plastik überall
Wo ich geh und steh
PVC, PVC überall
Die Starnberger Punkband A+P bringt 1980 in ihrem Stück Plastik den petromodernen Status quo auf den kunststofflichen Punkt.
Kunststoffe, Kunstdünger
Kunstrasen
Künstliches Leben
Falsche Zähne, falsche Wimpern
Falsche Liebe
Alles falsch hier.
Plastik ist die neue prima materia unserer industriellen Kultur, Verkörperung und Verkleidung einer zweiten Natur. Seit mehr als 100 Jahren leben die industriellen Zivilisationen in der Petromoderne – dem Zeitalter, in dem petrochemische Treibstoffe und Materialien sämtliche Lebensbereiche durchdringen. Seit mehr als 50 Jahren wächst das Bewusstsein darüber, dass etwas grundsätzlich falsch ist an diesem Zeitalter und seinen Prinzipien. Schornsteinrauch und Autoabgase verwandelten sich in den nord-westlichen Mutterländern des petromodernen Zivilisationsprozesses von Zeichen des Fortschritts in solche einer Bedrohung durch giftige Emissionen, und Plastik vom modernsten aller Materialien und Garanten des demokratischen Luxus für alle zu einer Chiffre für die Lügen in den Versprechungen der Moderne.
Dennoch haben sich die Dynamiken der petromodernen und – in einem größeren Zusammenhang – fossilen Ökonomien, Ansprüche, Lebensweisen und Glaubenssysteme nicht verlangsamt. Im Gegenteil: Die »große Beschleunigung« setzte sich wider alle Einwände oder besseren Wissens weitgehend ungebremst fort, die Menge der Konsumartikel und Autos, Transporte, Energieverbrauch, Plastifizierung, Extraktion und giftige Emissionen steigen weltweit bis heute weiter dramatisch an.
Warum ist es so gekommen? Und wie lässt sich ein Entkommen aus diesem verhängnisvollen System denken?
Das kuratorische Forschungskollektiv Beauty of Oil hat es sich zur Aufgabe gesetzt, die petromodernen Dynamiken in ihrer Hartnäckigkeit, und das heißt auch in ihrer Schönheit und Attraktivität, zu beschreiben und zu verstehen. In meiner Präsentation im Kreuzberger Salon gebe ich eine Einführung in unsere Projekte, Kernthesen und methodischen Zugänge und stelle mögliche Zukunftsperspektiven zwischen technological fixes, ökologischer sozialökonomischer Reform und radikaler Revolution zur Diskussion.
Andreas Beitin, Alexander Klose, Benjamin Steininger (Hg.), Oil. Schönheit und Schrecken des Erdölzeitalters, Köln 2021
(Ausst.-Kat. Kunstmuseum Wolfsburg, 4.9.2021–9.1.2022)
(Ausst.-Kat. Kunstmuseum Wolfsburg, 4.9.2021–9.1.2022)