Kreuzberger Salon 32 | Vom/n Raufen und Weiden

Vom/n Raufen und Weiden – Einblicke in die ökologische Tierhaltung heute

»Inzwischen bin ich angekommen – in der anderen Welt …
Zurzeit bin ich nur morgens oder vormittags dort. Der Arbeitstag beginnt meist Viertel nach sieben. Zuerst werden die Stallklamotten angezogen. Dann machen wir mit dem Hund einen kurzen Spaziergang um den Hof und genießen die Stille des Morgens.
Im Stall ist es dann weniger still. Ziegen haben solche und solche Tage. Mal ist alles ganz friedlich, doch hin und wieder kann es auch aufregend sein. Ein Lämmchen schreit, weil es im Gatter eingezwängt ist, eine Ziege ist verletzt. Es sind um die 90 Ziegen im Stall. Dazu noch halb so viel Lämmer. Ein Teil ist schon vor Ostern beim Schlachter gelandet. Ein trauriger Moment!
Ich lerne: was das Sanieren einer Ziegenherde bedeutet, dass Ziegen sich mobben, dass es eine Rangordnung gibt – das Sozialleben einer Ziegenherde eben.
Die jungen Hüpfer hüpfen tatsächlich im Stall herum und spielen miteinander. Es macht Spaß, ihnen zuzuschauen. Nach dem Spaziergang wird Mist weggekehrt und jeden zweiten Tag Stroh eingestreut. Das macht zumeist Albert. Ich entferne derweil das alte Futter, kehre die Futterstelle und gebe frisches Heu an die Futterstellen. Die Ziegen warten dann schon hungrig.
Sind die Ziegen mit Futter versorgt, gehen wir in die Melkkammer. Dann gilt es die Melkmaschine vorzubereiten. 16 Ziegen haben auf dem Melkstand Platz. Wenn die Ziegen dann nebeneinander stehen und sich am Kraftfutter laben, dann muss erst Mal angemolken werden – von Hand. Ich übe noch. Am Anfang rätselte ich, ob ich das je können werde, heute war’s schon ganz passabel – zum Glück. Dann wird die Melkmaschine angelegt. Melken macht Spaß!
Noch lässt sich alles langsam an: 3-4 Stunden Arbeit am Tag auf dem Hof. Wir machen noch keinen Käse. Die Lämmer trinken noch den großen Teil der Milch. Außerdem wurde die Herde letzte Woche entwurmt und frühestens nächste Woche kann die Milch getrunken und verarbeitet werden. Dann beginnen wir mit der Käseproduktion. Ich bin schon gespannt.
Heut haben wir entschieden, dass wir dann mit dem Verkauf erst im Mai beginnen – erst Mal uns in die Technik einfinden und vorproduzieren.
Landwirtschaft erscheint mir hoch komplex. Es gibt viel gleichzeitig zu denken und zu organisieren.
Die ersten Tage hat mich die körperliche Arbeit schon sehr geschlaucht, doch jetzt – nach zwei Wochen – merke ich schon Besserung. Es fühlt sich alles gut und stimmig an. Ich bin also ganz glücklich hier und kann nebenher noch anderes machen – z.B. Tuttlingen entdecken …«[1]

Doris Koch

 

Doris Koch hat 2013 mehrere Monate auf dem Ziegenhof Hohenkarpfen verbracht und berichtet über ihre Erfahrungen.

Foto: Doris Koch


[1] Doris Koch, E-Mail vom 3. April 2013

www.doriskoch.de

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